Mußestunde No. 44
DNF-Listen und Gartenradio.
Hey hey!
(Eigentlich würde ich mich jetzt dafür entschuldigen, dass ich letzte Woche keine Mußestunde geschickt habe, obwohl es eigentlich eine geben hätte sollen - aber da viele von euch vermutlich gar nicht gemerkt haben, dass nun schon drei Wochen seit der letzten Mußestunde vergangen sind, sprech ich das Thema einfach gar nicht erst an.)
Ich bin diese Woche auf ein sensationelles Thema gestoßen: DNF-Listen. Noch nie davon gehört! (Ihr schon? Warum habt Ihr mir nichts davon erzählt?)
Den Begriff "DNF" kannte ich schon, und zwar von den Ski-Alpin-Rennen. (Ja, ich bin leidenschaftliche Ski-Alpin-Rennen-Zuschauerin, aber das tut im Moment nichts zur Sache.) DNF bedeutet dort "Did not finish", also: Die arme Wurst ist zwar frohen Mutes oben aus dem Starthäuschen heraus geschnellt, ist aber auf dem Weg ins Ziel irgendwo falsch abgebogen, beziehungsweise am Tor eingefädelt (eigentlich immer unverletzt, im Slalom) oder in das Sicherheitsnetz gerast (hoffentlich unverletzt, bei der Abfahrt). Also: Obwohl die- oder derjenige unten ankommen wollte, hat sie oder er es nicht geschafft. Saublöd halt, aber gehört dazu.
Und nun stellte ich also diese Woche mit Erstaunen fest, dass es den Begriff DNF auch bei Büchern gibt. Oder, besser gesagt, bei Bücherlesern. Ich musste mich gar nicht lang in das Thema einlesen, um begeistert zu denken: “Jaaaaaaaaa, stimmt! Wie oft ist mir das schon passiert! Und wie schön, dass es anderen auch passiert!” (Eine Auswahl einiger meiner DNF-Bücher seht ihr auf dem Foto oben.)
Denn immer wieder läuft es so: Ich starte frohgemut und voller Begeisterung in ein neues Buch, und dann... Ist es einfach nicht das, was ich zu hoffen geglaubt hatte. Wenn es auf der ersten Seite noch nicht zündet, weiß ich: Hm, okay, passiert öfter, bleib dran. Auf Seite 20 werde ich etwas ungeduldig. Und auf Seite 48 muss ich dann leider aufhören. Oder auf Seite 76. Ich habe auch schon auf Seite 285 aufgehört, erst vor ein paar Wochen ist mir das passiert, schlimm, so was. 285 Seiten mit diesem dumpfen Gefühl im Bauch, das man krampfhaft versucht, zu ignorieren, das dir aber ganz klar sagt: Hör auf. Es wird nichts mehr.
Und nein, ich war noch nie eine jener rundweg optimistischen Personen, die wirklich jedes Buch bis zum bitteren Ende durchlesen. Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, wozu das gut sein soll.
Damit man mitreden kann? Also, das geht eigentlich auch so: "Ich habe ja wirklich versucht, Krieg und Frieden zu lesen, zweimal schon, aber jedes musste ich nach 48 Seiten wieder aufhören, denn mal ehrlich, wer kann denn überhaupt diese ganzen Personen und Familien auseinanderhalten, ich hab´ einfach gar nichts gecheckt." (Interessanterweise nickt dann die Hälfte der Gesprächspartner eifrig, lacht entspannt auf und antwortet: "Ging mir genauso!" Und die andere Hälfte der Gesprächspartner schaut nur geschockt und denkt sich: "Krieg und Frieden? Freaks.")
Oder... Weil es die Pflicht gegenüber dem Verfasser ist, das Werk fertig zu lesen? Hm - nö. Denn entweder habt ihr das Buch schon gekauft und dem Verfasser somit sowieso schon etwas Gutes getan; oder ihr habt das Buch nur aus der Bücherei oder von einer Freundin ausgeliehen, dann hat das Ganze sowieso keine Auswirkung auf den Verfasser. Das Lesen oder Nichtlesen des Werkes ist für den oder die Autorin jedenfalls ziemlich unerheblich. Aber... Wenn ihr anderen gesteht, dass ihr das Buch gar nicht fertig gelesen habt? Wird das dann nicht ein schlechtes Licht auf den oder die Autorin werfen? Nun, das kann sein - aber würde die Aussage: "Ich habe das Buch ganz durchgelesen, aber es war mir wirklich von vorne bis hinten eine Qual" nicht ein noch schlechteres Bild auf den oder die Autorin werfen? Ich weiß ja nicht so recht.
Also: Ich habe absolut kein schlechtes Gewissen, wenn ich ein Buch nicht zu Ende lese. Ich finde es schade, klar, weil ich mich ja darauf gefreut hatte. Aber noch weiter Zeit an etwas zu vergeuden, was zwar Freude machen sollte, aber einfach keine Freude macht, ist meines Erachtens einfach Schmarrn. (Wobei Freude in diesem Fall nicht ganz das richtige Wort ist: Ich meine auch traurige oder spannende oder packende Bücher; eben gute Bücher. Aber ihr versteht schon.)
Also, zurück zur DNF-Liste! Finde ich eine super Idee. Sollte ich auch machen. So:
Nummer 328
Titel: Krieg und Frieden
Autor: Leo Tolstoi
Aufgehört auf Seite: 48 von 1532.
Warum: Nichts gecheckt. Wer war nochmal wer? Wer hat nochmal was gemacht? Wer hat schon wieder über wen gelästert? Ich habe keine Ahnung.
Würde sicher wahnsinnig viel Spaß machen.
(Wenn man denn für sowas gemacht ist. Ich will ja schon seit vielen Jahren eine Habe-ich-schon-gelesen-Bücherliste anlegen. Bisher bin ich aber leider noch nicht dazu gekommen. Also mal sehen, wann ich dann mit der DNF-Liste beginne.)
Themawechsel.
Der Frühling ist da! Nicht nur kalendarisch, auch meteorologisch - also: in Wirklichkeit. Zumindest bei uns hier in München. Diese Woche war so schön, so luftig, so leicht, so sonnig, dass ich überhaupt gar nicht mehr daran zweifle, dass ab jetzt alles wieder gut wird.
Während ich also draußen die Zitronenfalter, die Gänseblümchen, die Feuerwanzen, das Scharbockskraut (kannte ich auch nicht, habe ich aber nachgeschaut), die Elstern und die Ameisen bewundere, ist es drinnen am Schreibtisch etwas, hm, langweiliger. Denn leider ist die Natur noch nicht bis zu meinem Schreibtisch gewandert. Wie spüre ich also auch drinnen, beim Arbeiten, ein gewisses Frühlingsgefühl? Mit der passenden Musik! Ich höre grundsätzlich Musik passend zur Stimmungslage (klar), und habe dazu passende Playlisten auf meinem uralten iPhone, das mir noch als iPod dient. Aber manchmal ist mir die Musik zu... gewohnt. Schließlich will man ja auch mal was anderes hören als einen der 34798 Titel, die man irgendwann mal digital erworben hat. (Bitte sagt jetzt nicht, ich soll mal Spotify ausprobieren. Ja, ich habe Spotify, ja, ich höre auch Spotify, aber die Mixtapes-Auswahl und "Vorschläge, die mir gefallen könnten", sind noch viel eintöniger als meine iTunes-Sammlung.)
Die einstige Lösung zu diesem Problem hieß mal: Radio! Da wurde frische, neue Musik gespielt, dazu gute ältere Musik, und zwischendurch hat man noch etwas Interessantes erfahren. Nun will ich zwar nicht pauschal alle deutschen Radiosender verurteilen (EgoFM und Bayern 2 höre ich immer noch gerne zwischendurch), aber man muss mal ehrlich sagen: Bei den meisten Sendern läuft doch immer nur dieselbe Kacke.
Und so kam ich eines Tages auf: Radio Garden. Was für eine geniale Website! Man kann dort alle möglichen Radiosender aus der ganzen Welt hören - und vor allem entdecken. Es ist ganz einfach: Man klickt auf die Website (hier), dann bekommt man unten links unter "Explore" Themen vorgeschlagen, dann klickt man eins an und erhält dann Vorschläge zu Radiosendern. Genial. Heute, an einem leichten Frühlingstag, habe ich mich etwa für "Alpha Boys School Radio" aus Kingston, Jamaica, entschieden. Gerade läuft Ska. Sehr urlaubig. Hach.