Mußestunde No. 20
Wer braucht schon gute Vorsätze? Nun: ich.
Frohes neues Jahr!
(Da fällt mir gerade auf: Früher haben wir das doch oft und gerne gesagt, manchmal bis in den Februar hinein; immer dann, wenn wir jemanden getroffen haben, den wir in dem neuen Jahr das erste Mal gesehen haben. Und nun? Sagt das doch kaum jemand mehr. Vermutlich sind wir etwas pessimistischer geworden in Sachen Erwartungshaltung gegenüber dem neuen Jahr. Hm, verständlich.)
Und damit sind wir auch gleich beim Thema: gute Vorsätze.
Am Silvesterabend waren wir bei Freunden. Es war sehr nett. Es gab Raclette. (Also nur theoretisch. Leider lösten zwei Raclettegrills hintereinander einen Stromausfall aus. Wir mussten schließlich auf einen Tischgrill ausweichen. Funktioniert aber auch: Man muss nur den Käse unten in das Pfännchen hinein geben, dann den Belag drauf, und dann das Pfännchen auf den Grill legen.) Danach legten wir Platten auf, es war lustig, schon war es 12 Uhr. Kurz nach dem Anstoßen fragte jemand nach den guten Vorsätzen für das neue Jahr. Ich sagte: “Ich habe nie gute Vorsätze für’s neue Jahr.” Darauf war ich etwas stolz. Denn ja, das ist die Wahrheit: Ich habe mir eigentlich noch nie gute Vorsätze für ein neues Jahr vorgenommen.
Erst ein paar Tage später, als ich das neue Arbeitsjahr an meinem Schreibttisch begann, wurde mir plötzlich klar, warum. In meinem Leben sind Vorsätze für das neue Jahr vollkommen überflüssig - weil ich nämlich jede Woche gute Vorsätze habe.
Jede Woche?
Ja, schon. Ich starte in eine neue Woche und denke mir: Diese Woche mache ich jeden Morgen Yoga! Oder: Diese Woche lese ich meine E-Mails immer erst mitttags! Oder: Diese Woche werde ich die Belege für die Steuererklärung sortieren! Oder: Diese Woche werde ich dreimal was auf Instagram posten!
Wer von euch mir auf Instagram folgt, weiß nun auch, wie lange diese guten Vorsätze halten: wenige Tage, wenn überhaupt. (Ich glaube, ich habe noch nie drei Posts in einer Woche geschafft.)
Irgendwie traurig, oder?
Hm, gut, so kann man es sehen. Ich aber ziehe es vor, es anderherum zu betrachten: Offenbar ist das doch etwas Gutes, dass ich jede neue Woche wieder davon überzeugt bin, dass ich ab nun ein besseres, schöneres, erfolgreicheres, kreativeres, gesünderes, lustigeres, entspannteres Leben führen werde. (Je nachdem, welches Adjektiv in dieser Woche gerade im Vordergrund steht.)
Außerdem kann man zwar meine Erfolgsquote für die jeweilige Woche als etwas enttäuschend bezeichnen - aber auf das ganze Jahr hin gesehen bin ich dann doch recht erfolgreich, würde ich sagen. Nehmen wir ein Beispiel: Im vergangenen Jahr gab es vermutlich keine Woche, in der ich wirklich jeden Tag Yoga gemacht habe; aber insgesamt habe ich sehr, sehr oft Yoga gemacht, vielleicht an 150 Tagen, oder gar an 250? Wenn man bedenkt, dass zwei Drittel der Menschen ihre guten Neujahrs-Vorsätze nicht einmal bis Ende Januar durchhalten, also nicht einmal 31 Tage, bin ich ja geradezu überdurchschnittlich erfolgreich.
(Transparenzhinweis: Das mit den zwei Dritteln stand in einem SZ-Artikel. Die Quelle dahinter ist vollkommen unklar, aber die Zahl hat mir so schön in meine Argumentation hinein gepasst. In anderen Statistiken standen ganz andere Ergebnisse. Offenbar haben etwa im wunderbaren Jahr 2016 mehr als die Hälfte der Menschen ihre guten Vorsätze bis zum bitteren Ende durchgehalten. Aber ich musste an der Uni mal einen Statistik-Schein machen, und da hieß es: Trau keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast. Nein, Scherz beiseite, das hieß es dort nicht, doch die Quintessenz war: Statistiken sind für all diejenigen, die sie nicht selbst erstellt haben, wirklich schwer durchschaubar. Und somit eigentlich unbrauchbar für alle anderen.)
Warum also sind meine guten Vorsätze letztendlich doch recht langlebig? Nun: Weil sie mir bleiben. Mich wiederum stört offenbar nicht im geringsten, dass ich sie in der einen Woche nicht erfolgreich durchgezogen habe, denn sie tauchen dann in der nächsten oder übernächsten Woche einfach wieder auf. Sie sind also ziemlich lange haltbar.
Sonderlich diszipliniert bin ich also nicht. Aber sehr optimistisch. Und das ist doch auch etwas wert.
So, und nun werde ich endlich mal die Belege für die Steuererklärung sortieren! Äh, ja, erst mal die von 2020… Tja.
Und, was macht ihr so im neuen Jahr? Habt ihr gute Vorsätze?
Falls ihr noch einen Kalender für das neue Jahr sucht, in den ihr alle eure guten Vorsätze wöchentlich oder gar täglich hineinschrieben könnt, habe ich noch einen guten Tipp für euch: meine schwarz-weißen Collage-Kalender! Ein paar sind noch übrig, bestellbar in meinem Etsy-Shop.
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