Mußestunde

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Mußestunde No. 27
ninapraun.substack.com

Mußestunde No. 27

Über das Schöne - und das Wegfahren.

Nina Praun
Apr 22
1
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Ich war letzte Woche weg, in Prag. Und es war: wunderschön.

War jemand von euch schon in Prag? Ihr alle? Ja, zu Recht! Ich war ehrlich gesagt dieses Mal das erste Mal. (Und dafür schäm ich mich, klar.) Es war aber genau der richtige Zeitpunkt - für mich -, um nach Prag zu fahren. Ich habe gelechzt danach, mal etwas anderes zu sehen, eine andere Umgebung, andere Menschen, andere Länder, andere Kulturen. Denn die Pandemie war (ist) lang und irgendwie einsam. (Das hatten wir ja schon einmal besprochen, nämlich hier und hier.) Ich habe mich also nach etwas anderem, nach der Welt da draußen, gesehnt.

Auch und gerade in dieser Zeit, da wir alle wieder sehen, dass die Welt da draußen sehr, sehr schlimm sein kann. (Nicht sein muss, hoffe ich.)

Vielleicht wollte ich genau in dieser Zeit einfach sehen, was da draußen an der Welt überhaupt noch schön ist. Ob da draußen in der Welt überhaupt noch etwas schön ist. Und da wählte ich also: Prag.

Warum? Keine Ahnung. Aber es war die beste Entscheidung ever.

(Ever - das Wort benutze ich gerne beim Reden. Als absolute Überbetonung. Nun habe ich es auch mal beim Schreiben benutzt. Und ich bereue es nicht.)

Nun bin ich natürlich keine Reisejournalistin, deshalb werde ich euch nicht damit langweilen, welches die besten Plätze, Restaurants, Kirchen, Museen, Parks, Straßen oder Clubs in Prag sind. (Das weiß ich ehrlich gesagt auch gar nicht, denn ich habe ja nicht alle gesehen. Aber alles, was ich gesehen habe, könnte theoretisch in der Besten-Liste vorkommen, würde ich sagen.)

Ich werde euch auch nicht damit langweilen, wie schön das Wetter war oder wie nett die Menschen und wie entspannt das Reisen mit dem Zug ist. (Ha, alles schnell abgehandelt, ganz ohne Langeweile!)

Nein, ich will euch nur damit langweilen, wie schön Schönes ist.

Hä, verquer gedacht?

Nein, das war ganz ernst gemeint: Schönes ist so schön.

Das sieht man zum Beispiel in Prag. Dort ist jedes Haus, jedes Fenster, jede Tür, jede Gasse, jede Kirche, jedes Tor, jede Brücke, alles ist so schön. Man sieht diese Schönheit überall, man kann sie gar nicht übersehen. Alles ist so perfekt, so wunderbar, mit so viel Liebe und so viel Hingabe und so viel Wissen und so viel Können gemacht…. Es ist unglaublich.

Also schaut man und schaut und staunt und lächelt. Und dann wird man innerlich ganz ruhig. Gelassen. Denn man erkennt: Wenn die Menschheit zu so etwas fähig ist, wenn sie solch eine bezaubernde Stadt bauen kann, solch einen wunderschönen Ort erschaffen kann - dann muss sie doch eigentlich irgendwie gut sein, oder?

Nun gut, “gut” ist in diesem Fall vielleicht das falsche Wort, schließlich sind viele dieser Gebäude vermutlich unter einer egozentrischen Oberschicht oder einem selbstverliebten König erbaut worden, die ihre Arbeiter wahrscheinlich ausgebeutet haben (vielleicht aber auch nicht, so tief bin ich in die Geschichte nicht eingesiegen).

Aber das Ergebnis ist eben richtig “gut” geworden. Man fühlt sich einfach wohl in dieser Stadt. Und nicht nur das, man bekommt auch ein Gefühl dafür, dass Schönheit und Kreativität und Kunst und Kultur wichtig ist für eine schöne, gute Welt - und dass man selbst vielleicht auch dazu beitragen kann, die Welt schöner und besser zu machen, eben mit Schönheit und Kreativität und Kunst und Kultur.

Zu diesem Ergebnis bin ich jedenfalls gekommen.

Und nun zum Thema wegfahren. (Und wiederkommen.) Ich glaube, das Wegfahren ist sehr wichtig. (Wenn man wegfahren kann und nicht muss, im Sinne von fliehen, meine ich jetzt.) Wegfahren tut uns gut. Dabei muss es ja nicht immer Prag sein (darf aber Prag sein, klar), und schon gar nicht Shanghai, New York oder Sydney. Es muss auch gar keine andere Stadt sein, es kann auch einfach ein anderer Ort sein, oder eine andere Landschaft oder ein anderer See, und es muss auch gar nicht “fahren” im Sinne von Autofahren sein, es kann auch Zugfahren oder Radfahren oder gar zu Fuß gehen sein.

Allein das “weg” am “Wegfahren” ist wichtig. Es geht darum, mal woanders zu sein als zu Hause. Mal was anders zu sehen als immer dieselben Türen, Fenster, Bäume, Straßen, Menschen. Das tut so gut! Manchmal vergisst man vielleicht, dass das so gut tut. Deswegen muss man es immer wieder mal tun, auch wenn man eigentlich gerade ganz zufrieden ist auf der eigenen Couch und im eigenen Bett, und auch dann, wenn man sich eigentlich ein bisschen zu faul fühlt. Gerade dann! Dann ist der richtige Zeitpunkt, mal wieder wegzufahren. Und ja, ich glaube, das tut wirklich jedem Menschen gut. Auch denen, die eigentlich am liebsten zu Hause sind und prinzipiell gar nicht so gerne weg fahren. (Schon ein Spaziergang ins Nachbarviertel oder -dorf kann Wunder wirken, ehrlich! Habe ich selbst auch schon erlebt.)

Und warum? Nun: Weil dort, also woanders, alles ein bisschen anders ist. (Oder auch sehr viel anders, je nachdem, wo man eben hingefahren ist.) Das tut gut. Das tut den Augen gut und den Ohren und der Nase und der Seele. (Nicht esoterisch gemeint, sondern eher neumodern-self-care-mäßig.) Und damit auch, schwuppdiwupp, dem Leben.

In meinem Fall etwa fühle ich mich nun wieder kreativer. (Was in meinem Fall wahnsinnig wichtig für mich ist und mir also wahnsinnig gut tut.) Andere fühlen sich danach vielleicht interessierter, oder gebildeter, oder weltoffener, oder erfahrener oder mutiger oder entspannter - oder auch einfach nur froh, wieder zu Hause zu sein. Auch gut. (Siehe: Oh wie schön ist Panama.)

Auch jeden Fall ist man danach selbst auch: ein bisschen anders.

Und wisst ihr was?

Anders ist gut.


Ui, als ich gerade “Oh wie schön ist Panama” gesuchmaschint habe, habe ich “Janoschs Traumstunde” gefunden! Kennt ihr das? Seid ihr so alt wie ich? Habt ihr das auch als Kinder gesehen? Wenn ja, dann schaut es euch gleich an, unglaublich, so ein Kindheits-Flashback! (Und wenn nein, macht das auch nichts, dann schaut ihr es euch trotzdem an, zusammen mit euren Kindern/Nichten/Neffen/Enkeln/Nachbarskindern…)

Eigentlich aber hatte ich ein anderes Video für euch vorbereitet, nämlich eine Fahrt durch das Paris der 1920er-Jahre. Denn dieses Video kann meines Erachtens als Mini-Notfall-Ersatz für einmal Wegfahren gelten.

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